Samstag, 11. Dezember 2010 · 11:00–17:00 Uhr · Paradeplatz N1, 68161 Mannheim
Wir hatten nicht ganz so viel Zulauf wie in Heidelberg, dafür war es skurriler…
In Mannheim wimmelt es von Heilsversprechern. Jeden Samstag gibt es Infostände von islamischen und christlichen Fundamentalisten. Sie proklamieren für sich das Recht der freien Meinungsäußerung und das Recht des freien Glaubens – das ist aber auch das Einzige, was sie am Thema Menschenrechte interessiert.Sie glauben an Gespenstergeschichten und begreifen einfach nicht, dass sie im 21. Jahrhundert niemand mehr braucht. Dass ihre geistlosen Schriften noch nie jemandem genützt haben, wollen sie nicht wissen. Wenn man es ihnen sagt, sind sie beleidigt und fangen Streit an. Wie im Kindergarten. Sie nerven die Passanten in Mannheim.
Diesem Irrsinn haben wir uns am 11. Dezember 2010 – vor dem 3. Advent – mit einem kleinen Info-Stand am Paradeplatz entgegengestellt. Dabei haben wir versucht, an unsere westlichen Werte zu erinnern. An die Werte von Humanismus und Aufklärung. Das sind die Werte des deutschen Grundgesetzes, der europäischen Union sowie aller westlichen Staaten: Sie bestehen im Wesentlichen aus Demokratie, Freiheit und den Menschenrechten. Ausgestattet mit Flyern, Bannern und Plakaten standen wir den ganzen Vormittag und Nachmittag in der Kälte und suchten das Gespräch mit den Passanten.
Christliche Fundamentalisten stellten sich, in ihrer gewohnt dreist-schmerzfreien Manier, direkt neben unseren Stand und missionierten drauflos. Mit Geschenken für Kinder und Erwachsene, „einfühlsamen Missionsgesprächen“ für Jugendliche und einer elektronisch verstärkten Weihnachtspredigt, die nicht nur uns auf den Geist ging. Zum Glück wurden sie schon gegen Mittag vom Ordnungsdienst verscheucht. Sie hatten scheinbar keine Genehmigung. Die Islamisten mit riesigen Vollbärten und Turbanen — junge Männer, verkleidet wie Statisten eines Historienfilms – verkündeten nur wenige Dutzend Meter weit entfernt ihre mittelalterlich-menschenfeindliche Weltsicht.
Das Mannheimer Publikum war – leicht verstört – uns gegenüber sehr zurückhaltend, ganz anders als das Heidelberger Publikum. Wer Woche für Woche das gleiche traurige Schauspiel religiöser Fundamentalisten angucken muss, dem vergeht wahrscheinlich irgendwann die Lust an Diskussionen auf der Straße. Einige interessante Gespräche entwickelten sich dennoch, die meisten Passanten befanden sich aber im vorweihnachtlichen Geschenkeeinkaufsfieber und hatten wenig Zeit zum Verweilen. Die niedrigen Temperaturen taten ihr Übriges. Es war für uns alle auf jeden Fall ein interessantes und meistens amüsantes Erlebnis, einmal das Treiben der Innenstädter einen ganzen Tag lang beobachten zu können.
Nach Mannheim und Heidelberg werden wir erst wieder zu einer angenehmeren Jahreszeit kommen, voraussichtlich im Frühjahr 2011. Bis dahin müssen die Mannheimer Bürger mit den religiösen Predigern, Sängern und Bartträgern vorlieb nehmen.
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